
15 Mai Was macht gute Führung aus?
Transformationale, transaktionale, authentische oder Neuro-Leadership?
«Wenn du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre sie die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer.» Antoine de Saint-Exupéry
Sehr oft wird dieses Zitat benützt, wenn es darum geht, transformative Leadership zu beschreiben. Sehnsucht ist gut, doch die Realität sieht anders aus. Da geht es nicht um Sehnsucht. Was Saint-Exupéry anspricht, ist die Begeisterung für ein Ziel, für ein gemeinsames Projekt. Führungskräfte, das geht aus den verschiedensten Forschungen hervor, sind erfolgreich, wenn sie die Begeisterung der Mitarbeitenden für das gemeinsame Ziel wecken können. Diese Begeisterung entsteht, wenn sich das zu erreichende Ziel mit den eigenen Werten deckt, oder diese darüber hinaus, im Erreichbaren, verbessert. Was heisst das? Menschen leben, bewusst und unbewusst, nach ihnen wichtig erscheinenden Werten und Grundhaltungen. Wenn diese in Beruf und Alltag gut erfüllt werden, stellt sich ein entsprechend gutes Gefühl ein. Wenn die Person das Gefühl hat, dass sie ihre Werte und Grundhaltungen nicht nur leben, sondern noch verbessern kann, entsteht Begeisterung.
Reicht Begeisterung um ein Ziel zu erreichen? Wohl eher nicht. Ich kann sehr häufig beobachten, wie Menschen anfänglich mit sehr viel Begeisterung etwas beginnen, dann allerdings mehr und mehr die Freude daran verlieren, bis sie zum Schluss lustlos vor sich hinarbeiten. Weshalb? Hier kann uns die Forschung im Bereich von transformationaler, transaktionaler und Neuro-Leadership weiterhelfen.
Transformationale Leadership ist ein Führungsstil, welcher Menschen motiviert, sich aus ihren egobezogenen, individualistischen Zielen, hin zu langfristigen und übergeordneten Zielen zu verändern. Dies wird vermittelt durch den Sinn der Aufgabe, durch Visionen, aufzeigen des gemeinsamen Weges, durch Vorbild und individuelle Unterstützung der Mitarbeitenden. Trotzdem kommt die transformationale Führung nicht ohne transaktionale Führung aus.
Transaktionale Leadership ist die Ausrichtung auf dem Austausch Arbeitskraft gegen Entlohnung. In diesem Führungsstil geht es zuallererst um die Klärung von Zielen, Aufgaben und Delegation von Verantwortung. Und es wird stark mit dem Belohnungs-, Bestrafungssystem gearbeitet. Jemand erreicht seine Ziele, dann erhält diese Person z.B. einen Bonus, beim Nichterreichen Kritik.
Authentische Leadership bezeichnet einen Führungsstil, welcher stark von den persönlichen Werten, hohen moralischen Werten, hoher Integrität und entsprechendem Handeln geprägt ist. Durch ihre Übereinstimmung von inneren Werten und äusserer Umsetzung (walk your talk) ist die Führungsperson oft Vorbild für die Mitarbeitenden, fördert Vertrauen und stärkt das Selbstvertrauen der Mitarbeitenden in die eigenen Fähigkeiten. Authentische Führung fördert einen offenen und transparenten Beziehungsstil.
Neuro-Leadership oder hirngerechte Führung bedeutet, Bedingungen zu schaffen, in denen Menschen ihren neurobiologischen Bedürfnissen entsprechend geführt werden. Auch dazu gibt es verschiedene Konzepte. Gerald Hütter spricht von 4 psychologischen Grundbedürfnissen: Bindung, Eigenständigkeit, Selbstwert und Lust. David Rock spricht hingegen von 5 Faktoren: Streben nach Status, Gewissheit, Autonomie, Verbundenheit und Fairness.
Es ist unschwer nachzuvollziehen, dass Menschen ihren Grundbedürfnissen entsprechend zu einer Gemeinschaft dazu gehören wollen. Wir wollen kommunizieren, uns verbunden fühlen und das Gefühl einer gewissen Sicherheit und Orientierung haben. Dieses Bedürfnis zeigt sich in jeder Form von Gemeinschaft und kann, abhängig von der jeweiligen Führung, bis zu exzessivem Verhalten führen. Deshalb sind die Atmosphäre und die Art und Weise der Kommunikation in einer Gruppe immer direkter Ausdruck des Führungsstils. Jeder Mensch möchte sein Bestes geben und wird frustriert, wenn er längere Zeit unter- oder überfordert wird. Dies führt im Ergebnis oftmals zur inneren oder äusseren Kündigung. Einen Mitarbeitenden wahrzunehmen, dessen Qualitäten und Fähigkeiten entsprechend einzusetzen, zu fördern und zu fordern, führt zu mehr Loyalität und Produktivität, wie Beispiele von Google, Facebook und ähnlichen Firmen zeigen. Die Mitarbeitenden erledigen ihre Arbeit mit sehr viel Freude, erfahren grössere Zufriedenheit, welche den Selbstwert und die Autonomie steigert, was sich wiederum im unternehmerischen Erfolg deutlich zeigt. Wie oft kann man beobachten, dass Menschen in ihrer Freizeit Leistungen erbringen, die ihnen in der Arbeit nie zugetraut werden, z.B. das Führen eines Vereins, die Organisation von Veranstaltungen etc..
Deshalb sind die Stärkung des Selbstwertes und die Förderung von Autonomie ein Muss für jede Führungsperson, wenn sie die Mitarbeiter aktiv und initiativ halten will. Der Selbstwert wird auch durch die Entlohnung dargestellt. Das Gefühl einer fairen Entlohnung für die geleistete Arbeit ist von zentraler Bedeutung. Es geht nicht um die Höhe, sondern wesentlich mehr um Fairness. Aus diesem Grund funktionieren Systeme mit Bonuszahlungen nur sehr eingeschränkt. Das Belohnungszentrum des Gehirn’s nimmt den Bonus als gegeben vorweg und reagiert enttäuscht, wenn dieser nicht den Erwartungen entspricht. Es zählt dabei nicht das wirtschaftliche Ergebnis, sondern das Gefühl der geleisteten Arbeit. Durch Bonuszahlungen wird der Mitarbeitende auf seine Einzelleistung reduziert. Deshalb wirken Bonuszahlungen eher kontraproduktiv in Bezug auf nachhaltige Firmenergebnisse.
Eine gute Führungsperson zeichnet sich dadurch aus, dass sie die obigen Punkte bewusst oder unbewusst beachtet und Menschen für sich und die Unternehmensziele zu begeistern weiss. Begeisterte Mitarbeiter sind aktiv, innovativ und tragen wesentlich zum Wachstum einer Firma bei. Begeisterte Mitarbeiter kommen mit Lust und Freude zu Arbeit. Wie gehen Sie zur Arbeit?
(c) Autor:
Gerhard Schobel